Blockchain und Politik – Dieter Janecek (MdB) von Bündnis 90/Die Grünen im Interview – Der Altcoinspekulant
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Beginnend mit der Blockchain-Strategie der Bundesregierung hat sich das Thema Blockchain endlich langsam in die politischen Kreise vorgekämpft. Zwar ist das Thema sicherlich nicht die Top-Priorität bei den meisten Abgeordneten, dennoch tut sich auch auf der regulatorischen Ebene langsam etwas. Einer der Abgeordneten, welche sich intensiver mit dem Thema Blockchain auseinandersetzten, ist Herr Dieter Janacek von den Grünen.Die Grünen beschäftigen sich meiner Meinung nach relativ intensiv mit dem Thema und haben unter anderem in Berlin einen Austausch mit Industriegrößen zum Thema „Was kann Blockchain?“ organisiert. Ich hatte die Gelegenheit mit Herrn Janecek am Telefon zu sprechen. Dabei diskutierten wir einige Fragestellungen zum Thema Blockchain als Treiber digitaler Innovation und sprechen über die Notwendigkeit der Regulierung.
AS: Herr Janacek, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit nehmen einige Fragen zu beantworten! Inwieweit sind sie persönlich mit dem Thema Blockchain in Berührung gekommen? Haben Sie die Technologie selbst schon einmal ausprobiert und besetzten sie eventuell sogar Coins?
Dieter Janecek: Also persönlich habe ich noch keine Coins gekauft, habe mich allerdings, als der mediale Hype losging, auf den entsprechenden Webseiten informiert. Bspw. über Ethereum aber auch über andere Währungen. Ansonsten bin ich mit der Szene in Kontakt, insbesondere durch den Blockchain Bundesverband und auch einzelne Unternehmen, welche die Technologie vorantreiben wollen. Selber experimentierfreudig war ich allerdings noch nicht.
AS: Wie präsent ist das Thema Blockchain denn tatsächlich in der Politik und im Bundestag? Man hört rechts und links ab und zu, dass es vorangeht, aber gibt es hier überhaupt die notwendigen Kompetenzen, um Gesetzte sinnvoll zu gestalten?
Dieter Janecek: Naja die Frage ist, welchen Rahmen wir für die Entwicklung der Blockchain-Technologie setzten sollen, oder ob ein politischer Eingriff in den Markt an dieser Stelle überhaupt ratsam ist. Was uns bekannt ist, oder zumindest denen, die sich mit dem Thema beschäftigen, ist, dass es in Berlin eine starke Szene zu diesem Thema gibt. Auf der anderen Seite haben wir natürlich aber auch die Probleme im Bereich Energie, also Proof-of-Work Konzepte, die wir auch ansprechen. Persönlich schaue ich weniger auf den Finance-Bereich, sondern interessiere mich für die Anwendungsmöglichkeiten im Bereich Cloud, im öffentlichen Bereich oder auch in der Entwicklungszusammenarbeit. Erst einmal Anwendungsbereiche zu finden ist spannend, aber als Politik schauen wir uns natürlich auch ein bisschen an, welche Interessen und Ideologie hinter der Technologie stecken.
AS: Nun haben manche Parteien bereits mehr, andere weniger Blockchain-Erfahrung und Konzepte. Die Grünen sind da ganz vorne mit dabei. Wo sehen Sie den Schwerpunkt der Grünen und gibt es bereits Unterschiede zwischen den Ansätzen, um den Standort Deutschland für Blockchain-Unternehmen attraktiv zu machen?
Dieter Janecek: Also unser Ansatz ist erstmal, dass wir es möglich machen möchten, dass die Blockchain-Technologie angewendet wird und dass Projekte im Bundes- Forschungsministerium oder bspw. auch in der Verwaltung umgesetzt werden. Dies können einfache Pilot-Projekte sein, um nachzuweisen, was mit der Technologie alles gemacht werden kann. Deswegen haben wir einen progressiven Ansatz den wir verfolgen und die Bundesregierung ist ebenfalls dabei, eine Blockchain-Strategie zu entwerfen. Wir hoffen, dass wir dort auf Gehör stoßen. Ansonsten haben wir natürlich die bereits angesprochene Energiefrage, die uns als Grüne stark beschäftigt. Sollte die Blockchain- Technologie starke Anwendung finden und dieses Problem nicht gelöst sein, man also massiv Energie in Mining stecken muss, resultiert das in einem Problem. Dann lasse ich mich auch nicht von dem Argument überzeugen, dass man diese auf Basis von erneuerbaren Energien bereitstellen könnte. In einer solchen Konstellation wäre es für mich als Politiker schwierig zu sagen, dass das noch gemeinwohlorientiert wäre.
AS: Im Vergleich mit anderen Standorten, speziell auf ICOs bezogen, ist Deutschland im Vergleich zu der Schweiz oder Liechtenstein aus Sicht vieler Projekte aktuell weniger interessant. Das liegt unter anderem an der schwierigen und langsamen Regulierung sowie der Bürokratie. Wie konkret sollte hier aus ihrer Sicht eine gute Regulierung von Seiten des Staates aussehen?
Dieter Janecek: Ich denke, sie sollte vor allem erst einmal kommen. Darin sehe ich auch den eigentlichen Punkt: dass wir eine brauchen. Diese sollte ermöglichen, dass ICOs leichter in Deutschland möglich sind. Momentan haben wir einen Unsicherheitsrahmen und das ist schlecht. Ansonsten, und vielmehr will ich dazu eigentlich gar nicht sagen, brauchen wir einen Blick auf die Gesamtszene. Zum Beispiel manche Vorstellung, dass man den Euro durch Kryptowährungen ersetzten kann oder die Idee, dass sämtliche Intermediäre schlecht sind und alles nur noch auf einer dezentralen Vertrauensbasis gemacht wird – das halte ich für eine gefährliche Ideologie. Denn dahinter steckt noch ein bisschen mehr, nämlich dass man den Staat sozusagen ausschalten will. Diesen braucht man aber aus meiner Sicht schon, um eine Wirtschaft im Vertrauensrahmen zu halten.
AS: Jetzt geht es um die Anwendung der Blockchain Technologie. Wo könnten sie sich Anwendungen der Blockchain-Technologie im öffentlichen Bereich oder auf staatlicher Ebene, in der Bürokratie z.B., vorstellen?
Dieter Janecek: Also auf jeden Fall in einzelnen Bereichen der digitalen Verwaltung. Vielleicht auch in der Schulbildungscloud, sodass es entsprechende Transparenz zwischen den Akteuren gibt. Ansonsten eben auch im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit, das ist ein starkes Thema. Da gibt es z.B. bei der Reorganisation von Communities in Kenia erste Ansätze mit der Blockchain-Technologie um diese neu zu organisieren oder einen Gegenwert für Waren an der Stelle zu schaffen, wo die Währung stark verfällt oder Kreditkarten für die meisten zu teuer sind. Aber auch in der Energiewende wäre es eine Möglichkeit ein dezentrales Energienetz zu schaffen, in dem Akteure direkt miteinander kommunizieren und an der Stelle eben kein Intermediär mehr benötigt wird. Da gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, in denen Blockchain-agierende Märkte auch gemeinwohlstützend sein können.
AS: Gibt es bereits erste Pilot-Projekte, an denen gearbeitet wird?
Dieter Janecek: Also meines Wissens wird im Bundesministerium für Bildung und Forschung daran gearbeitet erste Pilotprojekte an den Start zu bringen. Es gibt wohl auch im Energiebereich erste Einsatzgebiete, aber da bin ich jetzt auch überfragt welche das genau sind. In der Tat fällt es grade schwer wirkliche Anwendungen zu finden, die uns bereits jetzt zeigen können, dass das in 1-2 Jahren funktioniert und einen Mehrwert gebracht hat.
AS: Ein besonderes Anliegen vieler deutscher Anleger ist steuerlicher Natur. Hier herrscht große Unsicherheit und es scheint keine einheitliche Behandlung der einzelnen Finanzämter zu geben. Kann hier gleichzeitig mit der Regulierung für ICOs eine Klärung der Unsicherheiten bei der Steuer kommen und wie sollte diese Ihrer Meinung nach aussehen?
Dieter Janecek: In einem ersten Schritt brauchen wir die gleichen Standards, die für alle gelten. Solange Unsicherheit vorhanden ist, ist das für die Akteure und den Markt ganz schlecht. Wie jetzt im Einzelfall die steuerliche Voraussetzung sein sollte, dafür haben wir Grüne noch kein fertiges Konzept. Wir würden uns wünschen, dass es zu einer einheitlichen Behandlung kommt, aber welches das genau sein sollte, dazu kann ich Ihnen keine Auskunft geben.
AS: Wie würden sie die Arbeit der Bundesregierung im Bereich Blockchain abschließend bewerten und was würden sie gerne in den kommenden Jahren realisiert sehen und vielleicht auch gerne realisieren?
Dieter Janecek: Gut, das Thema war ja ziemlich im medialen Hype als der Koalitionsvertrag geschlossen wurde und man hat sich daraufhin dazu entschlossen, sich selbst einen Arbeitsauftrag zu geben. Es laufen auch die entsprechenden Gespräche und wir waren auch als Parlamentarier mit dem Blockchain Bundesverband in Kontakt.
Eine Lobby ist vorhanden, aber die Ergebnisse fehlen momentan noch und deshalb sind wir sehr gespannt auf die nächsten Wochen. Dann sollen die Ergebnisse und auch eine Strategie vorgestellt werden. Die Frage der steuerlichen Behandlung ist dann ganz zentral für dieses Thema. Zu der Frage bzgl. unserer Ministerien, wäre unsere Forderung, dass einzelne Projekte umgesetzt bzw. ausprobiert werden, um zu zeigen, was möglich ist.
AS: Vielen Dank für das Gespräch!
Neben dem bereits angesprochenen Blockchain Bundesverband beschäftigt sich auch der FinTechRat aktuell stark mit dem Thema Blockchain. Der FinTechRat ist ein Gremium des Bundesministeriums der Finanzen und besteht aus einer Mischung von Entscheidungsträgern aus etablierten wie auch neuen Fin-Techs und Verbänden (Mitglieder sind z.B. unter anderem Prof. Dr. Philipp Sandner von der Frankfurt School und Dr. Julie Maupin von der IOTA-Foundation). Auch der Rat hat festgestellt, dass die Blockchain-Technologie für Deutschland in Zukunft essentiell ist und hat kürzlich in einer Stellungnahme zur Arbeit der Bundesregierung in diesem Bereich Position bezogen. Eine der Kernaussagen des Dokuments ist ebenfalls, dass möglichst zeitnah eine Regulierung auf europäischer Ebene geben soll (um Konflikte in der Regulierung zwischen den Mitgliedsstaaten zu vermeiden), die technologieunabhängig (d.h. losgelöst von der technischen Umsetzung und insbesondere „losgelöst von einer konkreten Ausprägung der verwendeten Blockchain-Technologie“ S.2) ist. Zudem soll die Ausbildung im Bereich Blockchain besonders gefördert werden. Hierbei sollen auch neuer Bereiche, wie z.B. die Schnittstelle zwischen Recht und Informatik mit in Betracht gezogen werden.
Insgesamt glaube ich, dass das Thema Regulation in der Politik angekommen ist. Anfragen von den Grünen und der FDP zeigen jedoch auch, dass es noch immer zu langsam geht und noch viel zu wenig Mitarbeiter in den verschiedenen Ministerien und Ämtern zu diesem Thema vorhanden sind. Ich vermute, dass das erste signifikante Ergebnis in hoffentlich absehbarer Zeit eine vernünftige Regulierung von ICOs und STOs ist – ob hiermit dann bereits die steuerliche Thematik endgültig geklärt ist, wage ich allerdings zu bezweifeln. Mit dem Bundesverband Block haben wir auf jeden Fall eine starke Lobby, die das Thema auf politischer Ebene hoffentlich etwas beschleunigen wird. Allen, die sich mehr für das Thema interessieren, rate ich an dieser Stelle, einfach mal entsprechende Stichworte zu Googeln – weitere Interviews mit verschiedenen Politikern sowie die Anfragen der Parteien an die Bundesregierung finden sich sehr leicht und sind durchaus aufschlussreich.
-Lukas Fiedler
Hinweis: Das Telefoninterview wurde am 08.04.2019 durchgeführt. Bei der Konvertierung von Gespräch zu Text wurden leichte Änderungen im Satzbau vorgenommen – der Sinn blieb in jedem Fall erhalten. Bei den Fotos handelt es sich um Pressefotos von Herrn Janeceks Webseite (Fotograf Stefan Kaminski).
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